Predigt gehalten in der Alt-Katholischen Kirche Bottrop
Deuteronomium 4, 32-34, 39-40
Römerbrief 8, 14-17
Matthäus 28,16-20
Fünfundzwanzig Jahren: das ist wirklich eine lange Zeit. Gestern vor 25 Jahren, am 25. Mai 1999, damals der Dienstag nach Pfingsten wurden Adele Kelham und ich als Priesterinnen in der Providenzkirche in Heidelberg geweiht.
Unsere Priesterinnenweihe war eine durchaus ökumenische Angelegenheit: von Alt-Katholischer Seite waren Bischof Joachim Vobbe and Bernd Panizzi und ein anderer Priester aus Heildelberg, dessen Namen ich nicht mehr weiß, dabei. Auch einige evangelischen Freunden und Freundinnen konnten kommen (die Providenzkirche ist ja eine evangelische Kirche). Sie war aber auch ein durchaus internationaler Gottesdienst: es kamen Gruppen aus Adeles Gemeinden in der Schweiz und aus meinen Gemeinden in den Niederlanden, wo ich damals Vikarin war, aus Deutschland, aus Großbritannien, aus Frankreich.
Bischof Joachim schenkte mir zur Weihe ein Alt-Katholisches Messbuch und sagte mir, ich sollte es verwenden. Dies habe ich getan. Damals wohnte ich in Essen und war regelmäßig in der Alt-Katholischen Gemeinde dort, ab 2002 ihr sogar zugeteilt. Im Sommer 2005 sind mein Mann, Robert Franke und ich nach Hanau gezogen, und ich wechselte nach Offenbach, zunächst mit Jürgen Wenge. Ende 2007 kamen wir nach Marl, und ich nach Bottrop. Weihnachten 2007 war ich das erste Mal hier, und seit 2008 feiere ich regelmäßig hier in der Kreuzkampkapelle Gottesdienste mit. Das sind schon fast 17 Jahre, also zweidrittel meiner Amtszeit. Ich freue mich, hier in Bottrop eine deutsche Kirchenheimat gefunden zu haben. Ich freue mich über die Beziehungen, die sich entwickelt haben, über die langjährigen Begegnungen und die Freundschaften, die daraus entstanden sind.
Und heute geht es um Beziehungen. Nicht nur, weil wir mein Jubiläum feiern, sondern auch weil heute Trinitatis ist, Dreifaltigkeitssonntag. Der Sonntag, an den wir über die Gottheit als Trinität, als dreieiniger Gott nachdenken. Dabei geht es um Beziehungen. Der südafrikanischer Theologe Johannes P. Deetlefs hat vor ein paar Jahren einen Aufsatz mit dem Titel geschrieben, „Die Trinität predigen.“[1] Der Hauptgrund, warum man über die Trinität predigen sollte, schreibt er, ist, weil es bei der Trinitätslehre um Liebe geht. Es geht um die Liebe zwischen Vater und Sohn, die auch nach Augustinus Heiliger Geist heißt: „Der Vater ist der Liebende, der Sohn der Geliebte und der Geist die gegenseitige Liebe, die beide verbindet.“[2] Es geht bei der Trinität eben um die Liebe, um die innige Beziehung zwischen Schöpfer, Erlöser und Erhalter der Welt. Die Trinität, die Gottheit, ist „eine Gemeinschaft von Personen, die in Liebe miteinander verbunden sind.“[3]
In dieser Liebesbeziehungen bliebt Gott nicht für sich, sondern schickt zunächst seinen Sohn, danach den Heiligen Geist in die Welt. Gott ist nicht bei sich selbst geblieben, sondern tut etwas. Gott schafft die Welt, erlöst die Menschheit, erhält die Welt. Durch sein Tun als Vater, Sohn, Geist, baut Gott Beziehungen auf, bringt Menschen – bringt die Welt – in Beziehung zu Gott. Trinität ist Gott in Beziehung, die andere – auch uns – in diese Beziehung miteinbezieht. Deetlefs stellt deshalb fest:
Dass der dreieinige Gott Liebe ist, hat ethische Implikationen für die Menschheit, die in der Ebenbildlichkeit dieses dreieinigen Gottes geschaffen wurde (Gen 1,26–27). Weil Gott uns liebt, müssen wir einander lieben (1. Joh. 4,11.19). Weil wir als Gottesebenbild geschaffen werden, sind wir verpflichtet, wie Gott zu lieben und uns um die ganze Schöpfung zu bemühen.[4]
Wichtig ist die Beziehung. Denn Gott will nicht unter sich bleiben, weshalb er als Sohn und als Geist in die Welt gekommen ist und immer noch zu uns kommt. In seinem neusten Buch „Passions of the Soul“ – “Leidenschaften der Seele” – betont Rowan Williams, dass für unser Leben im Glauben am wichtigsten sei, „die Fähigkeit uns im tiefsten Inneren unseres Wesens Gott zuzuwenden.“ Nur dadurch können wir “sehen, lieben, einsaugen und uns von dem verwandeln lassen, was wahrlich wirklich ist – unserem dreifältigen Gott.”[5]
Es geht darum zu erfahren, dass die Trinität, die Dreieinigkeit Gottes alles durchdringt, alles transformiert und verwandelt. Auch uns. Die englische Theologin Joyce Rupp spricht von Gott als Schöpfer, “der uns tagtäglich ins Leben liebt”. Als Erlöser, „der uns tagtäglich in den Frieden liebkost”. Als Erhalter der Welt, „der uns tagtäglich mit der Hoffnung begeistert.“
Und wir sollen auch nicht untereinander, für uns bleiben wollen. Deshalb werden auch wir dazu berufen, wie im Evangelium steht: gehet heraus (ich welcher Weise auf immer) gehet heraus und taufe auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Das heißt: Bringt andere in diese Liebesbeziehung zu Gott, Trinität, Vater, Sohn und Geist, Schöpfer, Erlöser, Erhalter der Welt.
Der südamerikanischer Theologe Leonardo Boff sieht Trinitatis, den Dreineinigkeitsonntag als „das Fest der Erlösten.“ Er schreibt: „In einer trinitisierten Schöpfung … werden wir den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist loben und lieben, und wir werden von ihnen geliebt, von ihnen gelobt.“[6] Wir werden eingeladen an dieser Liebesbeziehung teilzuhaben, und sie mit anderen zu teilen, für immer und für ewig. Amen
[1] Johannes P. Deetlefs, “Preaching the Trinity today,“ Stellenbosch Theological Journal 6 (2020), S. 319–337.
[2] Ibid., S. 326.
[3] Ibid., S. 326.
[4] Ibid., S. 327.
[5] Rowan Williams, Passions of the Soul (London: Bloomsbury Continuum 2024), S. xx, xi.
[6] Leonardo Boff, Trinity and Society (Maryknoll: Orbis Books, 1983), S. 231.