Ostermontag – 2. April 2018

Predigt in der alt-katholischen Gemeinde Bottrop

Apostelgeschichte 2,14.22-33
1 Korintherbrief 15,1-8.11
Lukasevangelium 24,13-35

Christus ist erstanden: Er ist wahrlich erstanden! Halleluja!

Christus ist erstanden: Er ist wahrlich erstanden.  Aber die Jünger glauben es nicht so richtig.  Diese zwei Jünger auf dem Weg nach Emmaus haben zwar das leere Grab gesehen, aber so richtig wissen sie nicht, was sie davon halten sollen.  Nicht nur Thomas ist ungläubig, sondern auch die anderen Jünger – und auch die Jüngerinnen. Maria und die anderen Frauen, die Angst haben, die Jesus zunächst gar nicht erkennen.  Petrus, der den Frauen gar nicht glaubt, als sie erzählen, was sie erlebt haben. Die anderen Jünger, die Jesus erst sehen müssen, bevor sie glauben. Und diese zwei, die auf dem Weg nach Emmaus sind, die versuchen, alles hinter sich zu lassen.  Sie glauben nicht.  Sie zweifeln. Denn sie wissen ja, dass Tod Tod ist, und dass ein Mensch nach dem Tod nicht lebt.

Sie wissen es.  Aber die erfahren jetzt, dass es doch anders ist.  Denn der Mensch, den sie nun auf dem Weg begegnen, ist doch Jesus, wie sie am Schluss, beim Mahl erkennen. Das, was sie wussten, war doch nicht richtig.  Sie müssen jetzt erkennen, dass die Wahrheit anders ist, als das, was sie immer meinten zu wissen.

Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir merken, dass auch die Jünger und Jüngerinnen zweifeln, bevor sie verstehen.  Es ist manchmal – es ist vielleicht oft – nicht einfach zu glauben.  Gerade nicht an etwas zu glauben, wovon wir eigentlich wissen, dass es nicht stimmen kann.  David Lose, ein lutherischer Theologe betont, dass das Zweifeln völlig normal sei:

Die Verheißung von Auferstehung, vom neuen Leben und von der Gnade ist so abwegig, so ungewöhnlich und so dringend notwendig, dass sie immer ein gewisses Maß an Zweifel hervorgerufen hat. Sie hat aber auch immer wieder verwandeltes Leben erzeugt.[1]

Zweifel haben heißt gar nicht, dass man nicht trotzdem glauben kann.

Gerade wenn wir uns auch auf einem traurigen Weg befinden, wo wir Abschied nehmen müssen, wenn wir uns irgendwo im Leben befinden, wo wir nicht weiter wissen – dann ist es manchmal so, dass wir meinen zu wissen, dass es nicht weitergeht und nicht weitergehen kann. Der Benediktiner Abt Notker Wolf schreibt:

Wenn Menschen diese „dunkle Nacht“ im Glauben erleben, müssen sie das zuerst einmal zulassen, sich überhaupt eingestehen, dass so etwas ganz normal ist. Darauf vertrauen, dass auch eine solche Nacht wieder vergeht und sogar helfen kann, das eigene Leben hinterher in anderem Licht zu sehen; nicht den Anspruch haben: „Es muss alles gleich wieder vergehen, ich muss alles durchschauen können“ – das verlangt Demut; aber genau diese Demut führt uns aus der Nacht heraus.[2]

Zweifel gehört manchmal dazu.  Und zuzugeben, dass wir zweifeln, kann ein erster Schritt sein, den Glauben zu erfahren, Raum zu schaffen, in dem wir den auferstanden Christus begegnen.

Die methodistische Theologin Shelli Williams schreibt, dass der Weg nach Emmaus „der Weg der Enttäuschung, Verzweiflung und Desillusionierung“ ist.[3] Auf diesem Weg läuft Christus immer mit uns, auch wenn wir ihn nicht sofort begreifen.  Er begegnet uns auf diesem Weg in dem Fremden, den wir nicht erkennen, in dem Menschen, den wir zu uns nach Hause einladen, in dem Menschen, mit dem wir zusammen essen. „Jesus erscheint im Gewöhnlichen und im Heiligen; im Alltäglichen und im Besonderen. Und wenn wir die Gegenwart des auferstandenen Christus‘ nicht erkennen, wartet diese Gegenwart, bis wir das tun.“[4]

Ein Mann sagte irgendwann seinem Priester: „Ich weiß nicht, ob ich noch an Gott glaube.“ Und der Priester erwiderte: „Ich weiß, dass Gott noch an dich glaubt.“  Ostern zeigt uns, dass Gott so sehr an uns glaubt, dass sogar der Tod ihn nicht bändigen kann, ihn nicht daran hindern kann, zu uns zu kommen.  Dass er so sehr bei uns sein will, dass er trotz des Todes seines Sohnes immer wieder auf uns zukommt.  Rowan Williams, ehemaliger Erzbischof von Canterbury beschreibt Glaube als „zuverlässige Beziehung“. Und er meint:

Glaube als zuverlässige Beziehung ist etwas anders als Glaube als System der Lehrsätze, oder als Glaube als Zuversicht, dass ich fähig bin, die Wahrheit in den Griff zu bekommen. Vielmehr [bedeutet Glaube als zuverlässige Beziehung] die Zuversicht, die Wahrheit wird mich in den Griff bekommen, die Zuversicht, dass ich getragen werden, auch wenn ich selber glaube, nichts mehr ertragen zu können.[5]

Gott glaubt an uns, Gott trägt uns.  Gott hat uns im Griff – hält uns in seiner Hand.

Für den evangelischen Theologen Jörg Zink zeigt Ostern gerade den Weg des neuen Lebens:

Nichts ist mehr so endgültig, wie es scheinen mag. Unser Weg geht weiter. … Lebe du fröhlich in den Tag hinein, der Ostern heißt. Er beginnt mitten in der Nacht. Auch in der Nacht der Irrlichter, die uns heute umschwirren. Und du wirst ihm begegnen. Er wird dir begegnen. Incognito. Als irgendwer. Und er macht dir deinen Weg frei.[6]

Vor ca. 1800 Jahren hat der Kirchenvater und Bischof Irenäus von Lyon geschrieben: „Der unfassbare, unsichtbare und unbegreifliche Gott macht sich sichtbar, begreifbar und fassbar für die Menschen. … Menschen werden Gott sehen, damit sie leben.“[7]  Ostern zeigt uns, dass der Wunsch Gottes, sich für die Menschen sichtbar, begreifbar und fassbar zu machen, nicht mit dem Leben Jesu zu Ende geht.  „Christus ist erstanden“ heißt, dass Christus nicht in der Vergangenheit gehört, sondern in der Gegenwart. Christus ist präsent – mit uns, bei uns, sogar in uns – ob wir es erkennen oder nicht.  Wir können uns auf Gott, auf Christus verlassen.  Denn Christus ist erstanden: Er ist wahrlich erstanden. Ob wir es glauben, oder nicht.

         Amen

 

[1]   David Lose, ‘Resurrection Doubts’ (http://www.davidlose.net/2015/04/easter-3-b-resurrection-doubts/).

[2]   Notker Wolf, Schmetterlinge im Bauch (München 2011), 183.

[3]  See https://journeytopenuel.com/2015/04/13/easter-3b-see-what-love-we-have-been-given/.

[4]  See https://journeytopenuel.com/2015/04/13/easter-3b-see-what-love-we-have-been-given/.

[5]  Rowan Williams, Being Disciples: Essentials of the Christian Life (London 2016), 25.

[6]  Jörg Zink, Gottesgedanken: Vom inneren Weg eines Christen (Gütersloh 2012), 120.

[7]  Weisheit der Väter: Gebete der frühen Christen, hg. von Maria Wolff (Nidderau 2006), 47.

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